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Channel: Gamestories – Zockwork Orange

Next Level – Festival for Games 2017

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Games sind Kunst. Für die meisten von uns ist das heutzutage selbstverständlich. Kein Wunder also, dass es immer mehr Events und Ausstellungen zu diesem spannenden Bereich unserer Kultur gibt. Sie bieten eine wunderbare Gelegenheit, hinter die Kulissen zu blicken und das Potential dieses digitalen Mediums zu ergründen. Darunter zählt auch das Next Level – Festival for Games, das vom 09.-12. November im NRW Forum in Düsseldorf stattfand.

Next Level 2017

Next Level – Festival for Games hielt einiges für die Besucher bereit. So gab es Vorträge und Talks zum Thema Spiele und ihre Rolle in Bildung und Wirtschaft. In einem „digitalen Laboratorium“ konnten 3D-Drucker getestet oder leuchtende Lamas gebastelt werden. Zudem konnten die Besucher einen Escape Room bezwingen – und natürlich vor allem viele Spiele selbst testen. Dabei stand Virtual Reality im Mittelpunkt. Ob als Schwein in der Massentierhaltung beim »PigSimulator« oder als Kämpfer mit Schwert und Pistole bei »Space Gladiators« – VR beeindruckte!

Next Level 2017

Next Level 2017

Eine Besonderheit war der zweite Game Jam des deutschen Spieleentwicklers Blue Byte. Bei diesem trafen sich Nachwuchstalente aus Game Design, Art und Programmierung mit den Profis, um gemeinsam in wenigen Tagen Spielprojekte zu verwirklichen.

Next Level 2017

Next Level 2017

Besuch beim Festival

Ich habe am Festival-Samstag das Event im NRW Forum besucht. Leider recht spät, denn ich war erst um 18 Uhr da. Der Vorteil war, dass ich so kostenlos in die Ausstellung kam und diese sollte ja bis 21 Uhr geöffnet sein. Es stellte sich jedoch heraus, dass es einen Grund gab, weshalb man ab dieser Uhrzeit auf die 10 Euro Eintritt (Normalpreis) verzichtete: Es war leider nichts mehr los. Bei einigen Ständen waren keine Aussteller mehr da und ich sah nur noch die blanken Tische. Natürlich gab es noch einige Indie-Games zum Testen, jedoch standen dort häufig weder tiefergehende Erklärungstafeln noch Personen, die einem etwas zu den Programmen erzählen konnten. Insgesamt hätte ich mir mehr Game Art oder Entwicklungsschritte an den Wänden gewünscht. Auch für den Escape Room war es zu spät, da sämtliche Slots bis zum Ende des Tages ausgebucht waren.

Wer also etwas vom Next Level-Festival haben wollte, musste eindeutig früher hin. Damit meine ich jedoch nicht nur die Uhrzeit. Nachdem ich im Nachhinein gehört habe, dass bereits am Freitag Aussteller abgereist sind, wäre wohl der erste Tag des Festivals optimal gewesen, um sich ein vollständiges Bild machen zu können. Sehr schade! Ich bin aber trotzdem froh über die Existenz dieses Festivals – auch wenn ich selbst nicht das volle Potential sehen konnte. So konnte man als Besucher VR testen – fernab von Massen-Events wie gamescom oder teuren Anschaffungen – oder beim Game Jam hautnahe Einblicke in die Spieleentwicklung erhalten. Zudem gab das Festival auch Diskussionen eine Bühne, die über die üblichen Standardthemen wie „Gewaltspiele“ hinausgingen.

Wer sich beim nächsten Mal selbst ein Bild von dem Festival machen möchte, der sollte sich den 22.-25. November 2018 vormerken. Dann geht Next Level – Festival for Games in die dritte Runde!

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Holocafé in Düsseldorf

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Zockwork Orange Holocafe Düsseldorf
Leute, was wollt ihr draußen in der naß-dunklen Winterkälte! Bewegen könnt ihr euch auch im Holocafé – und nebenbei legendäre Schlachten schlagen und knifflige Rätsel lösen!
Noch bis zum 25.11. befindet sich das Holocafé Düsseldorf in der alten Stadtkämmerei. Dort könnt ihr euch mithilfe von VR-Brillen und Controllern in virtuelle Welten begeben. Das durften wir uns natürlich nicht entgehen lassen!

Zockwork Orange Holocafe Düsseldorf
Mit bis zu vier Spielern kann man im Holocafé Düsseldorf eine Multiplayer-Session starten. Ihr begebt euch in euren Spielabschnitt, bekommt VR-Brille angelegt sowie zwei Controller in je eine Hand gedrückt und schon geht es los! Zuerst könnt ihr euch in einem weißen Raum ein wenig umsehen und alles testen. Eure Controller übernehmen dabei verschiedene Funktionen. Einen Kubus greifen und auf euren Mitspieler werfen? Kein Problem. Anschließend ein wenig in die Luft vor euch malen? Ein großer Spaß. Sich bewegen ohne dabei über das Kabel zu stolpern, über das ihr angeschlossen seid? Für mich zumindest eine Herausforderung. Am Ende wollt ihr aber natürlich eure Spielzeit nutzen und zeigt mit einem Lichtstrahl auf das Programm am Rand, das ihr testen wollt. Dabei stehen euch zurzeit drei Spiele zur Verfügung:

Carpe Lucem

Rätselfreunde kommen hier auf ihre Kosten! Erzeugt und lenkt Lichtstrahlen, um so mechanische Blüten, die in der Luft schweben, zum Erblühen zu bringen und das Puzzle zu lösen. Dabei befindet ihr euch in einer mystisch-schönen Umgebung mit vielen Pflanzen und fliegenden Walen.

Holo Arena

Ihr steht auf einer Plattform in der Mitte und verteidigt diese gemeinsam gegen eindringende Drohnen. Diese greifen euch in Wellen von allen Seiten an. Als Waffen stehen euch ein Bogen, Feuerbälle und Blitze zur Verfügung. Mit einem Schild könnt ihr euch und eure Mitspieler verteidigen. Ein großer Spaß für Freunde von Shootern oder Tower Defense spielen – nur das ihr in diesem Fall der „Turm“ seid.

Chaos Commando

Ein Spiel, welches ich selbst leider nicht mehr testen konnte: Eine Raumstation steht kurz vor dem Zusammenbruch. Könnt ihr sie gemeinsam reparieren, bevor sie explodiert? In diesem Spiel müsst ihr euch gegenseitig Befehle zurufen, um die richtigen Knöpfe in der richtigen Zeit zu drücken und so die Station zu retten.

Anstatt von »Chaos Commando« durften wir zum Schluss in ein Gestaltungsspiel hereinschauen, das noch nicht ganz fertig ist. In diesem kann man mithilfe der Controller 3D in die Landschaft malen und seine Umgebung auf diese Weise weitergestalten. Und ja, man kann sehr viel Blödsinn damit machen!

Zockwork Orange Holocafe Düsseldorf

Aktuell befinden sich zwei Spielräume in der alten Stadtkämmerei und bietet somit Platz für zwei Vierer-Gruppen, die gleichzeitig spielen können. Sollte man doch einmal warten müssen, liegt ein Mini NES bereit, an dem man sich die Zeit vertreiben kann.

Wir haben für 20 Minuten Spielzeit pro Person 12 Euro bezahlt. Kein günstiger Spaß, aber aufgrund der Technik vermutlich angemessen. Es macht auf alle Fälle viel Freude, auch einmal in einer Gruppe die neue VR-Technik auszuprobieren. Es gibt sicherlich noch viele, die bisher keine Gelegenheit hatten und die sich hier einmal in Ruhe austoben können, ohne sich teure Geräte anschaffen zu müssen.

Aktuell gibt es Holocafés in Aachen und Troisdorf, aber auch das Holocafé in Düsseldorf sucht noch nach einem festen Standort. Nach den Düsseldorf Arcaden und der alten Stadtkämmerei soll dieser Anfang 2018 bezogen werden. Bis dahin habt ihr noch bis zum 25.11. die Möglichkeit, in der Altstadt vorbeizusehen. Und verratet uns doch einmal: Welches Genre würdet ihr gerne einmal mit VR-Brille spielen?

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Rückblick: 7. Gametreff NRW „Let’s Play“

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Der 7. Gametreff NRW am 16. November verschrieb sich ganz dem Thema „Let’s Play“. Eingeladen waren hochkarätige Gäste: Andreas Suika, Gründer und Creative Director von Daedalic Entertainment, und Dennis „br4mm3n“ Brammen, Let’s Player bei PietSmiet, unterhielten sich gemeinsam auf der Bühne zu dem spannenden Thema. Beide machten bisher unterschiedliche Erfahrungen mit Let’s Plays und betrachten diese von verschiedenen beruflichen Standpunkten. Während Suika als Spielemacher und Streaming-„Neuling“ den Fokus auf kleinere Games legt und diese auch gerne analysiert, berichtet Brammer als langjähriger Profi-Gamer über das Spielen von AAA-Titeln sowie dem Kontakt zu Agenturen und Publishern. Ihr gemeinsames Gespräch möchte ich euch im Folgenden kurz wiedergeben.
7. Gametreff NRW

Content mit Strategie

Let’s Plays sind eigentlich ein recht junges Medien-Phänomen. Trotzdem befinden sie sich bereits im Wandel. Während zu Beginn die Spiele als Playthrough teilweise unkommentiert durchgespielt wurden, werden heute verstärkt Entertainment-Qualitäten verlangt – am liebsten kostenlos. Dabei rückt das Spiel an sich fast schon in den Hintergrund. Ein guter Entertainer kann im Grunde jedes Spiel spielen, um seine Zielgruppe zu unterhalten.

Trotzdem gibt es auch für Let’s Player eine Content-Strategie, wobei Regelmäßigkeit eine entscheidene Rolle spielt:
Hero Content:
Diese Videos werden 1x die Woche ausgestrahlt. Sie enthalten Trendthemen, wie aktuelle AAA-Titel oder Specials, und sollen vor allem neue Zuschauer/Zielgruppen ansprechen.
Main bzw. Hub Content:
Tägliche Videos mit regelmäßigen Themen, wie beispielsweise Spielereihen. Sie sollen vor allem die vorhandene Community unterhalten und binden.

Aber nicht nur der Content ist im Wandel, sondern auch die Plattformen. Da die Community vor allem auf Entertainment und direkten Kontakt setzt, wechseln viele Let’s Player von YouTube zu Twitch.

Dennis Brammen: „Twitch ist das neue YouTube.“

Dort kann die Community live zuschauen und mit dem Let’s Player interagieren. Unterstützt wird dieser Wechsel jedoch sicherlich auch durch YouTubes neuer Werbe-Politik, die das Monetarisieren in vielen Fällen erschwert. Andere Finanzierungsmöglichkeiten sind daher gefragt.

7. Gametreff NRW

Community is King

Was wäre ein Let’s Player ohne seine Community! Neben dem Otto-Normal-Zuschauer bilden sich bei großen Spielern zusätzlich auch eingeschworene Gruppen. Diese erhalten in den meisten Fällen sogar einen Namen, wie z.B. die „La Familia“ bei Gronkh oder „Schnittchen“ bei PietSmiet, die ihre Verbundenheit noch einmal unterstreicht. Dabei ist beeindruckend, dass sie sich scheinbar auch untereinander (zumindest über den Nickname) kennen und es teilweise sehr schwierig sein kann, als Neuling in die Fangruppen hineinzukommen. Diese Communitys bilden jedoch für die Let’s Player die Basis des Erfolgs. Außerdem gehören das positive Feedback, der gegenseitige Support und die große Loyalität bei vielen Vollzeit-Spielern zu den wichtigsten Motivationsgründen.

Agenturen und Influencer Marketing

Auch für Publisher sind Let’s Player sehr interessant. Diese besitzen einen direkten Draht zu ihren Communitys und damit interessanten Zielgruppen. Gerade bei Kickstarter-Kampagnen kann der Impact von Let’s Playern entscheidend sein. Einige Publisher bedienen sich daher Agenturen, die den Kontakt zu den Influencern herstellen und halten sollen. Als Let’s Player selbst sieht man sich so der Dauerbeschallung von Publishern und Agenturen ausgesetzt. Allein die ungefragte Zusendung von 20 bis 30 Spiele-Keys am Tag ist für die größeren Spieler keine Seltenheit mehr. Kein Wunder also, dass die Kontaktaufnahme zu ihnen sehr schwierig sein kann. Aus diesem Grund haben PietSmiet bereits eine eigene Agentur gegründet, um den Kontakt zu den Publishern zu regeln.

7. Gametreff NRW

Fazit des Gesprächs: Let’s Player zu sein ist viel schwieriger, als es manchmal den Anschein hat. Und laut Suika sollten sich Entwickler selbst viel häufiger an Let’s Plays versuchen, um so nicht nur ein Gefühl für die dahintersteckende Arbeit zu bekommen, sondern auch einen direkten Kontakt mit der Community zu halten. Ich fand die Erfahrungen der beiden persönlich sehr lehrreich. Nach dem Vortrag folgte der gesellige Teil mit den Teilnehmern, bei dem es Getränke und Pizza gab und man auch ein paar Indie-Games ausprobieren konnte.

Falls ihr auch gerne einmal beim Gametreff NRW dabei sein wollt, folgt am besten dem Mediennetzwerk NRW auf Facebook. Der nächste Termin findet im 1. Quartal 2018 statt und wird dort genauer bekanntgegeben.

Hier findet ihr den Rückblick auf den 2. Gametreff NRW: „New Kids on the Block“

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Transparenz im Game-Design

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Ein transparentes Spiel lässt sich von seinen Spielern in Gänze erfassen – zumindest was die Mechanik betrifft. Es versteckt seine Regeln nicht in einer „Blackbox“ oder hinter gigantischen Formeln, sondern generiert Herausforderungen durch strategisch-systemische Tiefe. Im Folgenden soll erläutert werden, welche Spiele nicht daran vorbeikommen, dem Design-Leitsatz der Transparenz zu folgen und welche Eigenschaften sie sich dabei konkret zunutze machen können.

Fantasy-Simulationen

Zunächst einmal müssen natürlich nicht alle Spiele transparent sein. Regelwerke, die unter der Prämisse entworfen werden, die Realität möglichst akkurat abzubilden beziehungsweise eine bestimmte Fantasie glaubwürdig zu simulieren, scheren sich oftmals nicht weiter um Durchschaubarkeit. Aus klassischer Design-Sicht sind sie nicht selten sogar ziemlich überladen.

Das umfangreiche Arsenal eines »Dungeons and Dragons« gönnt sich beispielsweise einen Säbel, der sich spielerisch kaum vom Kurzschwert unterscheidet, für den Piraten-Avatar aber natürlich unverzichtbar ist. Entsprechend geht es dem Pen-and-Paper-RPG keinesfalls um Eleganz oder Klarheit, sondern primär darum, den Spielern das gemeinsame Erzählen einer beliebigen Geschichte zu ermöglichen.

„Mittendrin statt nur dabei!“ Wen kümmern da die Spielregeln?

Wieder andere dieser Fantasy-Simulationen sind in ihrer Interaktivität sehr offen, in ihren Resultaten teils chaotisch. Ein »Dwarf Fortress« verlässt sich dabei auf seine simulative Tiefe. Große Produktionen wie »Assassin’s Creed« oder »Uncharted« setzen hingegen auf technologische Ausgereiftheit: Charaktere aus zigtausend Polygonen bewegen sich durch ineinander fließende Animationsphasen in einem kontinuierlichen dreidimensionalen Raum. Sie zielen mit Schusswaffen in Ebenen aus praktisch unendlich vielen Punkten hinein und können zu genauso vielen Zeitpunkten abdrücken. Die Bandbreite möglicher Nuancen in den Aktionen ist – wie im echten Leben – praktisch unendlich. Aus „dorthin“ wird „ungefähr da“. Aus „zu genau diesem Zeitpunkt“ wird „ungefähr dann“. Die physikalische Komplexität der Echtwelt wird ins Spiel übertragen. Der Spieler wird gewissermaßen gezielt überfordert, um ihm ein „Mittendrin-Gefühl“ zu vermitteln.

Designer-Spiele

Dem gegenüber stehen Spiele, die primär durch Gameplay überzeugen wollen. Sie versuchen, ihre Spieler langfristig vor möglichst viele interessante Entscheidungen und Herausforderungen zu stellen, ohne sie dabei in übermäßiger Komplexität zu ertränken. Narrative Elemente dienen dabei der Erklärung der Mechanik, nicht als Selbstzweck. Es handelt sich ganz fundamental um „Designer-Spiele“: Alle Regeln werden stets gezielt am System ausgerichtet und nicht den Zwängen der möglichst originalgetreuen Simulation einer Fantasie oder eines Ausschnitts der Realität unterworfen. Die Spielerfahrung ist geprägt durch klar definierte Aktionsspielräume, unmittelbares Feedback und das iterative Dazulernen der Spieler über viele Partien hinweg.

„Muss man wissen!“ Gute Designer-Spiele legen ihre Regeln offen.

Im Kern besteht die Faszination, die Spiele wie »League of Legends«, »Atlas Reactor«, »Overwatch«, »Gwent« oder »Civilization« ausüben, dabei im planvollen Umgang mit komplexen Situationen. Gelegentlich kann dieses Element auch bei Fantasy-Simulationen auftreten, wenn sie inhärent strategische Konflikte – wie Krieg, Schwertkampf oder den Aktienmarkt – abbilden. In aller Regel sind sie jedoch nicht gezielt auf diese, letzten Endes eher beiläufigen, Planungselemente hin designt.

In jedem Fall ist die Ausgestaltung eines ganzheitlichen Plans nur dann möglich, wenn die Spielmechanik offen zutage liegt. Spieler müssen jederzeit in der Lage sein, Informationen ohne große Hindernisse zu verarbeiten und die Bedeutung des aktuellen Spielzustandes zu bestimmen. Und genau deshalb ist eine bestimmte Zutat im Design dieser Spiele von zentraler Bedeutung: Transparenz.

Systemische Transparenz

Die fundamentalste Art der Transparenz ist die des Regelwerks an sich. Spieler sollten jederzeit Zugriff auf sämtliche Spielregeln haben, die in ihren Beschreibungen zudem möglichst keine Fragen offen lassen sollten. Bei Brettspielen ist dies gang und gäbe, denn jeder Schritt muss manuell von den Spielern ausgeführt werden.

Doch auch Designer-Videospiele tun gut daran, in dieser Hinsicht transparent zu bleiben. Denn selbst wenn der Rechner in der Lage ist, mit beliebig komplexen Formeln umzugehen, kann der Spieler jegliche vorhandenen Informationen nur dann in seine Pläne mit einbeziehen, wenn er deren Bedeutung auch unmittelbar begreifen kann. „Das übernimmt ja der Computer!“ ist kein gutes Argument für den Wechsel ins digitale Medium, sondern ein Anzeichen für eine intransparente oder zumindest grenzwertig komplizierte Spielmechanik.

Auch die Furcht vor der initialen Überforderung der Spielerschaft durch das Bereitstellen zu vieler Detailinformationen sollte dank zuletzt immer häufiger zum Einsatz kommender „Expertenmodi“ in modernen Videospielen der Vergangenheit angehören.

Optional erweiterbare Tooltips sorgen in »Diablo 3« für Transparenz.

Doch nicht nur sollten vom Spiel durchgeführten Rechenschritte, die möglichen Resultate aller Aktionen sowie gegebenenfalls deren Wahrscheinlichkeiten bekannt sein. All dies muss sich darüber hinaus vom Spieler ohne große Anstrengung berechnen und erfassen lassen. Und zwar praktisch „nebenbei“, sodass die stumpfe Mathematik den übergeordneten strategischen Überlegungen nicht die Show stiehlt.

Sind die Spieler permanent mit Addition und Subtraktion beschäftigt, bleibt wenig Zeit für wirklich tiefe und interessante Entscheidungen. Deshalb gilt es, Informationen wann immer möglich auf intuitivere Weise zu repräsentieren als durch bloße Zahlenwerte. Und wenn letztere doch zum Einsatz kommen, dann im Idealfall in möglichst diskreten und niedrigen Zahlenbereichen, mit denen das menschliche Gehirn auch ohne abstrahierende Zwischenschritte noch problemlos umgehen kann.

Komplexe Mathematik intuitiv dargestellt: das taktische Raster.

Eine transparente Spielmechanik erlaubt – und erfordert – es letztlich, die spielerische Tiefe ganz direkt auf der Ebene der systemischen Zusammenhänge anzusiedeln. Schließlich muss das Spiel emergent, im Zusammenwirken seiner transparenten Einzelteile, komplex genug sein, sodass es trotz Kenntnis aller Regeln und Verwertbarkeit aller zur Verfügung stehenden Informationen nicht trivial zu durchschauen ist. Die Spieler müssen vor schwierige Entscheidungen gestellt werden, obwohl der systemische Gesamtkontext mit in ihre Pläne einfließt. Und weil er das tut, sind diese Entscheidungen potenziell so interessant.

Transparenz durch Abstraktion

Ein weiteres Werkzeug auf dem Weg zum transparenten Spiel ist die Abstraktion. Diese kann zunächst im Rahmen der Interaktivität selbst stattfinden. Viele Strategiespiele überführen beispielsweise das „echte“, kontinuierliche Schlachtfeld in ein wesentlich eindeutigeres Kachelsystem. Und auf temporaler Ebene handelt es sich beim rundenweisen Ziehen um nichts anderes als eine Abstraktion vom zwar „lebensnahen“, allerdings ebenso chaotischen Echtzeitkonflikt. Mechanismen können also zu Gunsten der Klarheit des Gameplays diskretisiert werden. Wird darauf dennoch verzichtet, können Vorschaufunktionen zumindest teilweise Abhilfe schaffen.

Eine Vorschau hilft bei der Orientierung im kontinuierlichen Raum.

Selbige stehen in direktem Zusammenhang mit einem weiteren Aspekt: der audiovisuellen Transparenz. Eine für sich genommen möglichst schön anzuschauende oder realistische Grafik und eine atmosphärisch dichte Soundkulisse sorgen nur allzu häufig dafür, dass spielerisch relevante Reize im cineastischen Getöse untergehen. Auch hier gilt somit wieder: Was der Fantasy-Simulation gut tut, kann Designer-Spielen im Kern schaden. Letztere sollten ihre Präsentation daher gezielt abstrahieren. Ryan Scott, Lead-Designer bei League of Legends, formulierte dazu folgenden Leitsatz: „Die Spieler sollten mit ihren Gegnern kämpfen, nicht mit dem Spiel.“

Glasklares Chaos: Transparenz im Metagame

Doch was wenn ein kompetitives Spiel nicht auf das simulative Chaos realitätsnaher Mechanismen verzichten will? Auch dann ist noch nicht alles verloren, solange sich die oben aufgezeigten Eigenschaften auf einer übergeordneten Ebene wiederfinden lassen. Zuletzt kombinierte zum Beispiel
»Playerunknown’s Battlegrounds«
vergleichsweise realistisches Shooter-Gameplay mit einem ungewöhnlich abstrakten und strikten Rahmengerüst, das auf Sekunde und Zentimeter genau vorgibt, wann sich Spieler wo zu befinden haben. Heather Alexandra schrieb auf Kotaku, die größte Stärke des Spiels sei „sein Mangel an Regeln“. Dem ist mitnichten so. Das Kernspiel dient hier in gewisser Weise einfach als großer Unsicherheitsfaktor für ein sehr wohl strikt reglementiertes – und dabei ziemlich transparentes – Metagame.

Playerunknown’s Battlegrounds: Shooter-Sim trifft abstraktes Metaspiel.

Ähnliches gilt auch für den Dauerbrenner »Rocket League«. Die Untiefen seines Physikmodells lassen sich kaum vollständig ergründen, bewusst ausformulieren oder gar exakt einplanen. Ganz im Gegenteil zum darüber liegenden Autoball-Regelwerk, anhand dessen – genau wie im Fußball – ohne Weiteres allerlei Pläne geschmiedet werden können. Bloß hängt der Erfolg derselben eben auch von der physischen Ausführung ab, die trainiert werden kann, von der strategischen Ebene aus betrachtet jedoch ein externer Faktor ist – ähnlich wie das aus diversen Brettspielen bekannte Auswürfeln von Schadenspunkten.

Alle Klarheiten beseitigt

So zugänglich, erfassbar und klar wie Spiele nach der Design-Maxime der Transparenz sein sollten, so komplex und nuanciert geben sich die dazugehörigen Eigenschaften. Zudem werden reinrassige Fantasy-Simulationen oder Designer-Spiele in „freier Wildbahn“ eher selten vorkommen. Stattdessen lassen sich allerlei Mischformen antreffen, die, wie die letztgenannten Beispiele zeigen, teilweise sogar recht bipolar daherkommen.

Wichtig sind in allen ein- und mehrdeutigen Fällen letztlich klare Prioritäten: Eine Simulation um der Fantasie willen sollte vorsichtig mit Abstraktion umgehen und sich nur in Maßen durch Gebote spielerischer Klarheit einschränken lassen. Designer-Spiele dürfen sich auf der anderen Seite nicht ohne Weiteres dem oft täuschend intuitiv wirkenden Realismus hingeben, wenn es ihnen tatsächlich um ein maximal interessantes System geht. Doch selbst eher simulative Mechanismen können einem transparenten Meta-Regelwerk untergeordnet und so gezielt für dessen Zwecke genutzt werden.

Klar wie Kloßbrühe, oder?

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Ein Jahr „Female Game Developers Meetup“ - #FemDevsMeetup

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Am 20. Januar fand das 5. FemDevsMeetup satt. Genau vor einem Jahr habe ich bereits von dem ersten Treffen berichtet und seitdem ist viel passiert. Die Location in Düsseldorf ist vom Coworkingspace „Gewächshaus“ ins „Super 7000“ gewechselt und es wurden auch neue Sponsoren hinzugewonnen. Eines blieb jedoch ungebrochen: Das Interesse der weiblichen Teilnehmer und die Leidenschaft für das Thema Games!

Das erste Meetup im neuen Jahr startete mit einer offenen Gesprächsrunde – also ohne einen Vortrag aus der Branche. Themen sollten Highlights aus 2017 und Vorhaben für 2018 sein. Am Ende wurde es ein sehr spannendes, inspirierendes und freies Gespräch zwischen den Teilnehmern, die aus den unterschiedlichsten Bereichen kamen. Von Studenten bis Festangestellte, von Designern bis zu Programmierern waren alle an den Erfahrungen der anderen interessiert. Und auch wenn sich das Meetup vor allem an Menschen wendet, die sich dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, waren auch die männlichen Teilnehmer herzlich willkommen.

Ihr wollt auch einmal dabei sein?
Alle Infos zu den nächsten Terminen findet ihr hier: FemDevsMeetup

Female Developer Game Jam 2018

Beim Treffen gab es aber auch eine sehr spannende Ankündigung: der erste Female Developer Game Jam 2018! Die Teilnehmer können dort in Teams die Entwicklung eines Spiels miterleben. Von Konzeption, Musik und Programmierung bis hin zum fertigen Game: Alle versuchen gemeinsam an nur einem Wochenende im Cologne Game Lab das scheinbar Unmögliche möglich zu machen. Dabei ist keine Perfektion gefragt. Ziel ist es, im Team Erfahrungen zu sammeln und viel über Spieleentwicklung zu lernen.

Wollt ihr euch der Herausforderung stellen? Dann könnt ihr euch hier anmelden: Female Developer Game Jam 2018

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Ein Morgen mit der Battalion 1944-Beta - one shot, one kill

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Am 1. Februar startet der Early Access des Multiplayer-Shooters »Battalion 1944«. Bereits von 26. – 29. Januar gab es ein Beta-Wochenende, an dem ich mich am letzten Morgen ins Getümmel geworfen habe – und mich nun freue, dass der 1. Februar ja wirklich schon morgen ist.

Zuletzt habe ich » Battalion 1944« auf der Gamescom angespielt und habe damals Szenario, Geschwindigkeit und Waffenhandling kritisiert. Am ersten Punkt hat sich selbstverständlich nichts getan und auch die Spielgeschwindigkeit ist gleichgeblieben, entpuppt sich aber nach etwas Spielzeit als angenehm – das war bei der kurzen Spielzeit auf der Gamescom für mich noch nicht einschätzbar. Was erheblich verbessert wurde, ist das Waffenhandling. Habe ich seinerzeit noch das unpräzise Zielen angeprangert, so wurde hier vorbildlich nachgebessert. Wie in jedem Multiplayer-Shooter benötigt man ein paar Runden, um sich einzufinden, sobald das aber geschehen ist, ist die gesamte Spielerfahrung unglaublich gut und befriedigend.

Eintausendundein Tode

Meine Anfänge bestehen, ähnlich wie bei der Battlefield 1 Beta seinerzeit, aus Sterben im Sekundentakt und damit jeder Menge Frust. Wie es sich einen Online-Shooter gehört bezichtige ich ordnungsgemäß alle gegnerischen Spieler des Cheatens, weil ich fast jedes Mal sofort sterbe sobald ich um eine Ecke gehe oder ein Gegner um selbige springt – und das Springen ist hier wortwörtlich gemeint. Ich frage mich, ob das Spiel trotz Anti-Cheat-Maßnahmen jetzt schon von Betrügern überrannt ist, stelle aber nach längerem Spielen fest, dass es mir einfach nur an Übung fehlte.

Sobald ich einmal meine Waffe gefunden und außerdem gelernt habe nicht mehr mir-nichts-dir-nichts um jede Ecke zu stürmen lande auch ich meine ersten One-Shot-Frags und spüre eine unglaubliche Befriedigung, denn das Waffenhandling ist präzise und das Trefferfeedback könnte kaum besser sein. Klar, Ein-Schuss-ein-Treffer Kills sind als Empfänger wirklich frustrierend, als Sender machen sie aber einen großen Teil des Spielspaßes aus. »Battalion 1944« ist aufgrund dessen ein knallharter Multiplayer-Shooter mit dem Casual Gamer nicht glücklich werden. Die Einstiegshürde ist groß und das Spiel verlangt hohe Präzision bei gleichzeitig kurzer Reaktionszeit.

Gefechte auf engem Raum

Neben dem wohl recht taktischen, kompetitiven „Wartide“ Modus, den ich aus Zeitgründen leider nicht ausprobieren konnte, bot die Beta die drei Spielmodi Team Deathmatch, Domination und Capture The Flag. Gefallen davon hat mir CTF am wenigsten, da es aufgrund der insgesamt reduzierten Spielgeschwindigkeit und der Tatsache, dass der Flaggenträger nicht sprinten kann, die geringste Spannung und Dynamik in den Matches bietet – zumal die Flaggenpunkte von den Verteidigungsmöglichkeiten unausgeglichen schienen. Sowohl Domination als auch Team Deathmatch bieten wesentlich Möglichkeiten der Teamzusammenarbeit und damit für mich auch das bessere Glücksgefühl, wenn mein Team als Gewinner aus der Partie geht. Was alle drei Modi wirklich toll machen ist das Respawnen in der Nähe des eigenen Teams, sodass man schnell wieder beim Team, im Gefecht ist. Damit man nicht sofort bei der Wiederbelebung abgeschossen wird, befindet sich der Spawnpunkt stets um die nächste Ecke. Diese Mechanik stärkt nicht nur den Teamzusammenhalt, sondern bietet außerdem den Vorteil, dass Spawn-Campern ihre Arbeit erschwert wird.

Ich bin gespannt, was die weiteren Spielmodi bieten werden, denn geplant sind für den Launch des Early Access insgesamt sechs – ich rechne jedenfalls fest damit, dass es auch „Sprengladung eskortieren“ geben wird. Ebenfalls gespannt bin ich auf die weiteren Karten, denn die bisherigen sehen nicht nur hübsch aus, sondern sie sind auch wirklich gut für Close Quarters Battle Gefechte designt.

Auto-Gebalancte Hakenkreuze

An vielen Stellen merkt man »Battalion 1944« den Beta-Status an. Abgesehen von gelegentlichen Abstürzen, ist das UI noch sehr unausgegoren und fehlerhaft und es werden manchmal Zustände hergestellt, in denen nur noch ein Spielneustart hilft, etwa wenn jede Spielsuche sofort mit der Meldung beendet wird, dass der Host die Verbindung beendet habe. Spielmechanisch gesehen sind die Scharfschützengewehre derzeit noch etwas zu stark und es fehlt merklich ein vernünftiges Auto-Balancing. Viele Matches starteten mit einer Aufstellung wie 2 gegen 5 und blieben auch minutenlang so – bis irgendwann neue Spieler hinzukamen. Das sind aber alles Punkte, bei denen ich davon ausgehe, dass sie im Laufe des Early Access ausgebügelt werden.

Häufiges Bild am Anfang: Das Match startet 2v4 und der erste neue Spieler wird dem eh schon größeren Team zugewiesen

Das unangenehmste Problem, das mir untergekommen ist, ist jedoch durch das Szenario bedingt: Ich finde die Verwendung eines WW1- oder WW2-Settings ohne kritische Auseinandersetzung grundsätzlich kompliziert, wenn dann aber auf Seiten der Achsenmächte ein Spieler mit dem Nickname „Ein Reich, Ein Vaterland“ mitsamt zugehörigem Hakenkreuz-Avatar zu finden ist, hört für mich der Spaß auf – erst Recht, wenn ich diesen User dann nicht mal wegen Anstößigkeit, sondern nur aufgrund von Vergehen wie Schummeln oder Unhöflichkeit im Chat melden kann. Ich habe bereits beim Entwickler Bulkhead Interactive nachgefragt, ob in der Hinsicht irgendeine spezielle Vorgehensweise geplant ist, warte aber aktuell noch auf eine Antwort.

Fazit

»Battalion 1944« ist ein fantastischer Multiplayer-Shooter, bei dem ich mich schon jetzt auf den Start des Early Access freue. Ich empfinde die Wahl des Szenarios nach wie vor mindestens als fragwürdig, vor allem weil es laut Entwickleraussage nur eine „Palette“ sei und sich das Spiel in „jedes von uns gewünschte Setting verfrachten“ ließe. Nichtsdestotrotz werde ich dem Ganzen eine Chance geben, denn das eigentliche Spiel dahinter hat ordentliches Potenzial mich lange zu unterhalten. Zudem bleibt die Hoffnung, dass man mindestens Vaterlands-Spieler vernünftig wird melden können – ragequitten und im Chat alle öffentlich als Cheater beschimpfen kann ich ja notfalls immer noch.

Transparenz-Hinweis: Der Zugang zur Battalion 1944-Beta wurde uns von Bulkhead Interactive via Steam-Key zur Verfügung gestellt.

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Der Lootbox-Selbstversuch - Von einem, der auszog, um Lootboxen zu kaufen

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2017 wird vermutlich als das Jahr der Lootbox in die Gaming-Geschichte eingehen. Da ich Themen verstehen möchte, bevor ich mitdiskutiere, beschließe ich Ende 2017 ein paar “Beuteboxen“ zu kaufen, um herauszufinden, was der Kauf mit mir anstellt.

Kindliche Vorfreude – Die Zeit davor

Die eigentliche Idee schwirrt erstmals irgendwann Ende November / Anfang Dezember durch meinen Kopf, die Debatte um Battlefront II ist gerade in vollem Gange. Unter meinen regelmäßigen Spielen befinden sich mit Playerunknown’s Battlegrounds und Overwatch zwei mit Lootboxen. Die Wahl fällt auf Overwatch, auch weil das Event „Winter Wonderland“  bevorsteht und jedes Event zeitlich begrenzt kosmetische Items mit sich bringt. Außerdem ist Overwatch eines der Spiele, in denen man die Lootboxen direkt mit Echtgeld bezahlt und keine Zwischenwährung den tatsächlichen Preis verschleiert.

Mitte Dezember fasse ich den Entschluss das Vorhaben durchzuziehen, „Winter Wonderland“ ist bereits seit einer Woche aktiv. In meiner Vorstellung male ich mir aus, welche coolen Skins ich bestimmt bekommen werde und wie ich dann, stolz wie Oskar, durch das Spiel laufen werde. Ich fühle mich wie ein Kind, dass sich sicher ist, dass das LED-Yoyo den sozialen Status erheblich beeinflussen wird und entscheide mich deswegen dazu 24 Winter Lootboxen zum Preis von 19,99€ zu kaufen.

Wut und Enttäuschung – Die Zeit währenddessen

Die Ernüchterung setzt schnell ein, denn die ersten fünf Kisten enthalten fast nur Items für Charaktere, die ich kaum spiele, und zu allem Überfluss bekomme ich zu 50% nur Sprays. Für meine damals favorisierten Charaktere Mercy, Sombra und Pharah ist lediglich ein Spruch für Mercy dabei, erst mit der sechsten Lootbox erhalte ich endlich ein Sombra-Skin. Ich schöpfe neue Hoffnung und öffne trotzdem milde genervt die nächste Kiste.

Es dauert weitere acht Lootboxen, bis endlich wieder was nicht-Spray-iges für „meine“ Charaktere kommt – erneut ein Sombra-Skin. Meine Genervtheit schlägt in Enttäuschung um, denn ich verliere den Glauben, dass in den verbleibenden neun Kisten noch irgendwas von Belang sein wird. Drei Kisten vor Schluss bin ich dann endlich so richtig genervt von den blöden Sprays, mit denen ich nur so zugeschissen werde, und die schlussendlich 37,5% aller Items ausmachen werden – mehr als doppelt so viel wie es bei einer gleichmäßigen Verteilung der Items wäre. In der vorletzten Lootbox gibt es dann für meine Favoritin Pharah endlich mal kein Spray, doch die Gewinner-Pose macht mich trotzdem nicht so recht glücklich. Auch die letzte Kiste beinhaltet nichts Spannendes mehr und ich beende die Lootbox-Session mit gerade mal drei Winter Wonderland Skins für Charaktere, die ich nicht spiele.

Ich bin ernüchtert über den ganzen Müll, den ich erhalten habe und bin mir ziemlich sicher, dass ich den Kauf von Lootboxen nicht nochmal vollziehen werde. Ich stelle mir außerdem eine Erinnerung für in zwei Wochen, um mit etwas Abstand eine Bewertung zu vollziehen.

Insgesamt haben meine 24 Kisten die folgenden 96 Items enthalten:

  • Sprays: 36
  • Sprüche: 18
  • Skins: 13 (davon Winter-Skins: 3)
  • Gewinner-Posen: 6
  • Spieler-Icons: 12
  • Gewinner-Intros: 3
  • Emotes: 2
  • Duplikate: 6 (dadurch erhaltene Ingame-Währung): 950

Für meine damaligen Lieblings-Charaktere Mercy, Pharah und Sombra erhalte ich je drei Items.

Viel zu häufiges Bild: Sprays, Sprays und noch mehr Sprays

Desinteresse – Die Zeit danach

Weder zwei Wochen später noch zu der Zeit als ich diesen Artikel schreibe – es ist nun Anfang Februar – bin ich groß motiviert nochmal Lootboxen zu kaufen. In den zwei Wochen Bewertungsabstandszeit steige ich in Overwatch um 12 Level auf, in der Zeit bis zum Schreiben dieses Artikels um 18 – ich erhalte also seitdem ohnehin 30 Lootboxen.

Erwähnenswert ist, dass ich kurze Zeit nach dem Kauf anfange viel mit Mei zu spielen und die Anzahl der für mich nutzbaren Items aus den Kaufkisten damit um vier steigt – allerdings auch hier wieder nur eine Siegerpose, ein Spruch, ein Emote und ein Spray. Dafür nutze ich die erhaltene Ingame-Währung, um Winter-Skins für Mei, Sombra und Pharah freizuschalten.

Fazit

Die Erfahrung war für mich eine ernüchternde, das nachgelagerte Freischalten der paar Skins ein schwacher Trost – großen Drang unbedingt Lootboxen kaufen zu müssen verspüre ich jedenfalls nicht. Darüber reflektiert wäre es mir deutlich lieber gewesen, wenn ich die Skins per Mikrotransaktion hätte freischalten können – wenn es denn schon gegen Echtgeld sein muss. Es hätte zudem meine Bereitschaft, weiteres Geld zu investieren, erheblich erhöht. So hat das bei mir in erster Linie Unwillen erzeugt genau dies zu tun.

Dennoch erkenne ich die Gefahr. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Teenager mehrere Rationen Taschengeld in Bayernlos Rubbellose versenkt habe, die mir der Kiosk-Besitzer eigentlich gar nicht hätte verkaufen dürfen. Es ist meinen Eltern zu verdanken, dass ich damals nicht noch mehr Geld in die Vorstellung versenkt habe, dass eines dieser Lose bestimmt einen ganz großartigen Gewinn enthalten und sich die Investition deswegem letztendlich gelohnt hätte.

Inzwischen läuft bei Overwatch das Event zum chinesischen Neujahr, u.a. mit Skins für Pharah und Mercy. Ich verspüre ein leichtes Bedürfnis nach dem Besitz dieser, denn ich möchte  dass „mein“ Charakter cool aussieht und das kann schon Motivation genug sein, um Geld zu investieren. Zum Glück halten mich meine Vernunft und mein Unwillen davon ab.

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Ludonarrative Synthese

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»The alchemists had two components to their philosophy. These were the principles of solve et coagula.

Solve was basically the equivalent of analysis, it was taking things apart to see how they worked. Coagula was basically synthesis, it was trying to put disassembled pieces back together, so that they worked more efficiently.

These are two very important principles which can be applied to almost anything in culture.«

(Alan Moore)

Geschichte und Spiel. Story und System. Eine immer wieder erneuerte Ehe voller Probleme und Missverständnisse. Achterbahnfahrten aus Streitigkeiten und Versöhnungsversuchen. So geht es zwar immer irgendwie weiter, allerdings für keine der beiden Seiten auf wirklich befriedigende Art und Weise.

Die folgenden Ausführungen gehen deshalb zunächst einen Schritt zurück. Ausgangspunkt ist Thomas Grips SSM-Modell. In dessen Rahmen werden die narrativen sowie systemischen Aspekte von Spielen treffend analysiert („solve“). Der im Anschluss nötige Schritt der Synthese („coagula“) wird allerdings nur recht ungenau dargestellt und führt weniger zu neuen Erkenntnissen oder Präzisierungen als zu einer bloßen Beschreibung bestehender Verhältnisse.

Dem sollen an dieser Stelle zwei konkrete Ergebnisse ludonarrativer Synthese entgegengestellt werden – mögliche synergistische Brücken zwischen zwei sich in der Theorie widerstrebenden Welten. Daraus werden des Weiteren zwei gleichermaßen valide, jedoch fundamental verschiedenartige Game-Design-Ansätze abgeleitet.

Von Systemen und Geschichten

Zunächst einige Definitionen. Aus dem SSM-Modell ergeben sich – mit leicht vereinfachter Wortwahl – unmittelbar die folgenden Elemente:

  • System
    • Rules: Im Kern besteht ein System aus Regeln, die sein Verhalten definieren.
    • Interactions: Das Zusammenspiel der Regeln erzeugt im Kontext der Eingaben des Spielers eine spezifische Dynamik: Gameplay.
  • Story
    • Audiovisuals: Auf unterster Ebene sind narrative Elemente schlicht audiovisuelle Bausteine.
    • Plot: Über Szenen und Ereignisse wird eine, beliebig explizite, Handlung zusammengesetzt.

Problematisch ist nun, wie bereits angedeutet, die gleichberechtigte Zusammenführung beider Seiten.

Systeme sind grundsätzlich stark an den Spieler gebunden. Wie fordernd oder interessant die Interaktion mit dem Regelwerk ist und dauerhaft bleibt, hängt schließlich in weiten Teilen von der Erfahrung und Vorbildung des jeweiligen Spielers ab. Im Idealfall wird der Spieler weder unter- noch überfordert und befindet sich im „Flow“. Durch den übermäßigen Einsatz von passiven, erzählerischen Elementen, wird der Spielfluss jedoch wiederholt unterbrochen.

Geschichten hingegen sind deutlich linearer und in ihrer Wirkung vergleichsweise strikt geplant. Vollwertige skillbasierte Gameplay-Loops sind dabei dementsprechend nur bedingt sinnvoll. In der Regel werden sie vielmehr als „nerviges Hindernis“ vor der nächsten narrativen Sequenz stehen und so das Pacing der Erzählung stören. Viele Erzählspiele entfernen diese Loops deshalb heutzutage praktisch vollständig (»Heavy Rain«, »Gone Home«) oder halten sie extrem simpel (»Uncharted«), um den narrativen Fluss nicht zu gefährden.

Inhärenter Zielkonflikt

Der grundsätzliche Antagonismus zwischen Story und System muss nicht verwundern. Schließlich verfolgen beide Seiten, unabhängig voneinander betrachtet, ganz verschiedene Ziele. An dieser Stelle wird ein alternatives „M“ im SSM-Modell benötigt:

  • Systeme wollen in mentale Modelle übertragen werden.
    • Knowledge: Spieler begreifen das Regelwerk.
    • Understanding: Spieler überführen ihr Wissen im Kontext der Lehren, die sie aus ihrem Erleben der Gameplay-Dynamiken ziehen, auf eine höhere Ebene. Sie verstehen immer komplexere systemische Zusammenhänge.
  • Geschichten vermitteln Botschaften (Messages).
    • Statement: Aus dem Plot ergibt sich eine spezifische Aussage.
    • Emotion: Anhand emotionaler Reize wird die getroffene Aussage eingeordnet und bewertet.

Eine gleichberechtigte Partnerschaft wird daher zwangsläufig eine endlose Abfolge aus Kompromissen darstellen und in ihrem Potenzial stark begrenzt sein. Deshalb muss stets eine der beiden Parteien die klare Führungsrolle übernehmen. In den beiden daraus entstehenden Design-Ansätzen lassen sich dann auch tatsächlich synergistische Effekte erzielen, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Synthese I: Interaktive Systeme

Mit dem System in der Führungsrolle entstehen durch das Gameplay getriebene Spiele. Sie wollen wiederholt gespielt werden (play). Spieler verfeinern iterativ ihr mentales Modell und lernen, die Dynamiken des Spiels gezielt zu beeinflussen. Die Ergründung der mechanischen Tiefe steht im Vordergrund.

Spiele aus dieser Kategorie werden nicht aufgrund ihrer Geschichte gespielt. Jedoch unterstützen Story-Elemente die Spieler in ihrer Intuition beim Aufbau von Regel- und Spielverständnis. Thematische und narrative Bausteine dienen dem System. Sie können beliebig abstrakt (Schachfiguren) oder explizit (Erzählpassagen) auftreten.

Narrative Unterstützung: Licht und Schatten

Schon auf den ersten Blick eher trockene visuelle Repräsentationen gehören dabei in die Story-Kategorie. So stehen beispielsweise die Würfelsymbole in »Axes and Acres« für verschiedene Arbeiterrollen. Der „Hammer“ kann als Handwerker Gebäude errichten, „Spitzhacke und Schaufel“ arbeiten auf dem Feld oder im Steinbruch. Hier wird das Allgemeinwissen der Spieler gezielt genutzt.

Einen weniger sinnvollen Einsatz narrativer Elemente demonstriert der Folgetitel vom gleichen Entwickler: »SkyBoats«. Hier werden Spargel, Karotten, Bananen und, ja, Rubine verbraucht, um Luftschiffe anzutreiben oder gar spezielle Muster aus Windströmen auf dem Spielfeld zu erzeugen. Die Hintergründe dieser Logik dürften selbst den Machern nicht ganz klar sein.

Natürlich geht es, auch im Reich der „Gameplay-Spiele“, weniger abstrakt. Einen Schritt in Richtung expliziter Erzählung geht zum Beispiel der berühmte „Companion Cube“ aus »Portal«, der den Spieler durch den Level begleitet. Karten in »Gwent« basieren in ihrer Mechanik regelmäßig auf Geschichten aus dem Witcher-Universum (Ronvid of Small Marsh). Charaktere aus »Overwatch« oder »Atlas Reactor« weisen teils detaillierte Hintergrundgeschichten auf.

Kurz: Mit einem passenden narrativen Anstrich lassen sich abstrakte Mechanismen und Zusammenhänge leichter begreifen und einprägen.

Synthese II: Interaktive Geschichten

Im Gegensatz zu den genannten Beispielen setzen narrativ getriebene Spiele auf die Vermittlung einer bestimmten Erfahrung (experience), etwa anhand einer Ausnahmesituation (»Papers, Please«) oder einer gesellschaftlichen Rolle (»Cart Life«). Spieler erleben Ereignisse, führen Aktionen aus und werden in bestimmte emotionale Stadien versetzt.

Die Mechanik dient primär der Unterstützung dieser Wahrnehmung und tritt daher nicht selten in linearen Bögen – statt in sich geschlossener Loops – auf. Das System dient der Story. Titel aus dieser Kategorie werden dementsprechend nicht für die Interaktion an sich gespielt und wären ohne ihre starke Erzählung vergleichsweise uninteressant.

Mechanische Unterstützung: Sackgassen

Da dieser Design-Ansatz noch sehr jung ist, weisen entsprechende Werke teils stark experimentelle Grundzüge auf.

Fragwürdig sind beispielsweise sogenannte Quick-Time-Events – das Drücken vorgegebener Buttons zur rechten Zeit. Trotz ihrer simplen Mechanik verdrängen sie regelmäßig die Geschichte vom Fahrersitz. Spieler werden hier nicht in die narrative Situation versetzt. Ganz im Gegenteil: Ihre eigenen Reflexe diktieren unmittelbar die körperlichen Fähigkeiten des Story-Protagonisten.

Spieler verschmelzen nicht in ihrem Denken und Fühlen – und damit der narrativen Message – mit den Handelnden, sondern verbleiben auf der Ebene des mechanischen Controller-Akrobaten. Und wenn es mal nicht klappt, wird die Szene einfach erneut abgespult. Denn eigentlich war die Story ja noch gar nicht vorbei. Immersiv geht anders.

Andere Spiele wie »The Walking Dead« bilden ihre Mechanik direkt in der Story ab, indem sie dem Spieler die Entscheidung überlassen, wie selbige weitergehen soll. Diese Entscheidungen können im Extremfall die Message der Geschichte verändern. Es stellt sich allerdings die Frage, ob sie dann nicht eigentlich Autorenentscheidungen sind und überhaupt dem Publikum überlassen werden sollten.

Führt der Spieler andererseits keine signifikanten Änderungen herbei, war die Entscheidung ohnehin irrelevant. Letzteres ist im Übrigen der Regelfall: Um übermäßige Verzweigungen zu vermeiden, handelt es sich bei einem Großteil der Optionen zwangsläufig um „fake choices“. Spätestens bei der Beschäftigung mit einem solchen Titel über das einmalige Durchspielen hinaus, tritt somit auch hier der suboptimale Einsatz der Interaktivität zutage.

Und natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Mechanik schlicht gar nicht erst zur Geschichte passt. In aller Regel geht dies einher mit dem altbekannten Problem der ludonarrativen Dissonanz. Mechanik und Narrativ kämpfen um die Führungsposition. Letztlich leiden beide.

Mechanische Unterstützung: Vorreiter

Doch nicht verzagen! Zuletzt zeigen immer wieder herausragende Vertreter des interaktiven Erzählens, wie es sehr viel besser geht.

»Brothers: A Tale of Two Sons« etabliert die gesamte Spielzeit über eine Dual-Stick-Mechanik zur Kontrolle zweier Brüder, nur um dann mit dieser zu brechen und sie in einem fulminanten Finale auf emotional äußerst effektive Art und Weise (Spoiler!) wieder aufzunehmen. Dabei handelt es sich um eine sehr viel konsequentere und enger an der Handlung ausgerichtete Einbindung der interaktiven Komponente als bei den zuvor genannten Beispielen.

Ähnliches gilt für »What Remains of Edith Finch«. Stellvertretend sei die Szene in der „Fischfabrik“ (Spoiler!) erwähnt. Einerseits wird hier stupide Fleißarbeit durch treffend repetitives Gameplay repräsentiert. Zugleich erlebt der Spieler jedoch anhand explorativer Mechanismen die, immer mehr Raum einnehmende, Flucht des Protagonisten in die eigene Fantasie. Die dualistische Gedankenwelt der dargestellten Figur wird hier spielerisch greifbar gemacht.

Dies gelingt über weite Strecken auch »Soma« von Thomas Grips Frictional Games. Zuverlässig versetzt es, spielerisch wie audiovisuell, in Angst, spannt Mysterien auf und bringt den Spieler dazu, sich die gleichen Fragen zu stellen, mit denen sich auch der Protagonist konfrontiert sieht. Begleitet wird das Ganze von einem durchweg narrativ relevanten Umgang mit der Egoperspektive.

Auch gänzlich anders ausgerichtete Beispiele wie das detektivische und nur minimal mechanische »Her Story«, das Metaebenen-Hochhaus »The Stanley Parable« oder das spielerisch wie thematisch bedrückende »This War of Mine« deuten an, welches Potenzial noch im Design-Ansatz des interaktiven Erzählens schlummert.

Die Spitzen der Eisberge

Am Ende kann es also doch eine symbiotische Beziehung zwischen Story und Game geben – solange einer der beiden Partner das Heft in die Hand nimmt und der andere gezielt unterstützt. Interaktive Systeme sollten narrative Elemente behutsam zur Optimierung des mechanischen Lernvorgangs einsetzen. Interaktive Geschichten wiederum tun gut daran, spielerische Mechanismen konsequent zur Unterstützung der vermittelten Botschaften einzusetzen. Versuchen beide Seiten, gleichermaßen zu führen, werden sie sich gegenseitig auf die Füße treten.

Um beide Ausprägungen des „Spielens“ weiter zu verfeinern, braucht es in Zukunft eine klarere Unterscheidung zwischen den Design-Ansätzen. Sowohl im kreativen Prozess und der Kritik als auch beim Publikum werden jeweils sehr unterschiedliche Fähigkeiten, Perspektiven und Vorlieben bemüht. Es handelt sich letztlich um zwei verschiedene Medien, denen lediglich die interaktive Komponente gemeinsam ist.

Die Ausdifferenzierung in der öffentlichen Wahrnehmung wird früher oder später stattfinden. Beide Kunstformen sind noch auf der Suche nach der eigenen Identität und haben gerade erst damit begonnen, ihre individuellen Ansprüche und Eigenschaften auszuformulieren. Fest steht, dass wir bislang bloß die Spitzen zweier vermutlich ziemlich gewaltiger Eisberge im Blick haben.

Na dann, Mast- und Schotbruch!

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Alles Ansichtssache?

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„Das ist halt meine Meinung!“ So oder ähnlich wird immer wieder der schützende Schild über die eigenen Aussagen und Argumente gehalten. Natürlich sind davon nicht nur Diskussionen über Spiele betroffen, sondern auch solche über alle möglichen anderen Medien. Auf den ersten Blick scheint es in Kunst und Unterhaltung zuallererst und vor allem um die persönlichen Meinungen des Publikums zu gehen. Aufgrund der Jugend der Spielezunft, die gerade erst zaghaft mit dem Gießen eines theoretischen Fundaments begonnen hat, ist der Meinungs­schutz­faktor in diesem Feld jedoch besonders hoch.

»Mass Effect: Andromeda« beispielsweise bekam von den Spielern ebenso viele 10er-Wertungen wie 0er. Metacritic-Schnitt: 4,9. Irgendwo zwischen Überflieger und Rohrkrepierer. Vielerorts wird dieser Pluralismus im nächsten Schritt sogar gelobt: „Schön, dass es so viele verschiedene Meinungen gibt! Sonst wäre es ja langweilig!“ Das ist einerseits vollkommen in Ordnung. Im privaten Raum, wo Selbstdarstellung, persönliche Erfahrung und gefühlsmäßiges Mögen regieren, soll es ruhig beliebig verschiedene Ansichten geben. Sobald es aber ums Begründen, Verteidigen und Argumentieren geht, sich also eine ernsthafte Diskussion entwickelt, sollte vom bloßen Meinen Abstand genommen und miteinander geredet werden statt aneinander vorbei. Andernfalls braucht man sich – ob als Entwickler, Kritiker oder schlicht Spielefan – gar nicht erst zu streiten.

Quo vadis, Diskussion?

Doch was dann? Wer hat denn nun recht, wenn es nicht mehr alle zugleich mit ihren teils vollkommen gegenläufigen Aussagen sein können? An dieser Stelle braucht es letztlich spezifische und komplexe Kriterien (ein Beispiel hier) über die jedoch an anderer Stelle noch genug zu diskutieren sein wird.

Zunächst gilt es, erst einmal die Sichtweise auf das Medium insgesamt zu objektivieren. Wobei dies nicht etwa durch die absurde Abstandnahme von jeglichen wertenden Aussagen bewerkstelligt werden sollte, sondern durch das Etablieren einer gemeinsamen Perspektive. Denn am Ende wird nur eine solche zu brauchbaren Ergebnissen führen, die den Gesamtdiskurs voranbringen.

Beim Versuch, Spiele sodann anhand des „Wertes“ zu beurteilen, den sie dem Spieler über ihren Lebenszyklus hinweg vermitteln, fällt sofort auf, dass es sich hier um ein inhärent subjektives Modell handelt. Schließlich verändert sich dieser Wert – mal abgesehen von Ver­zerrungs­faktoren wie persönlichen Vorlieben, Medien­nostalgie und so weiter – allein schon anhand der jeweiligen Spiele­historie der betrachteten Person. Ein kleines Kind kann sich schon dafür begeistern, dass es eigenhändig etwas auf dem Bildschirm hin und her bewegen kann. Erfahrenen RPG-Veteranen ringen hingegen selbst aufwändige Open-World-Titel oft kaum mehr als ein Achselzucken ab.

In vielen Foren lassen sich solch diametrale Ansichten sogar direkt nebeneinander lesen: Da wird der neueste Ableger einer angesagten AAA-Reihe von User A mit „Macht total Spaß! Brillanter Flow! Mich stört echt gar nichts!“ beschrieben, woraufhin B unmittelbar entgegnet: „Flaches Gameplay, fade Story, technische Ungereimtheiten, 4/10 Punkten!“ Das Problem, wenn man dem Ganzen auf den Grund gehen will: Recht haben sie zunächst aus ihrer persönlichen Sicht beide.

Das Spektrum der „Game Literacy“

Um der rein persönlichen Vorgeschichte der Beteiligten etwas an Gewicht zu nehmen, braucht es also gewisser­maßen einen imaginären Dritten als Richter, durch dessen Augen das Spiel beurteilt werden kann. Dieser muss nun auf dem oben angedeuteten Spektrum zwischen „Spiele? Hä?!“ und „Gestatten, Dr. Ludo – Spieleexperte“ verortet werden. Neben den beiden Extremen findet sich ein dritter un­will­kür­lich­er Ansatzpunkt in der durch­schnitt­lichen „Game Literacy“.

Dieses Konzept, das zuletzt auch durch die Video-Reihe Extra Credits aufgegriffen wurde, umfasst nicht allein den spielerischen „Skill“, sondern ebenso über­geord­nete Fähigkeiten zur Analyse und Einordnung von Spielen im Kontext ihres soziokulturellen Umfeldes. Diese sind regelmäßig Gegenstand des akademischen Diskurses rund um Kommunikation, Bildung und Lernprozesse in der modernen Medienlandschaft. Unter anderem haben sich Tom Apperley und Catherine Beavis in „A Model for Critical Games Literacy“ (2013) dazu einige Gedanken gemacht.

Objektivierung 1: „Mein Name ist Hase…“

Gehen wir also zunächst von einem unwissenden Richter aus. Er hat einen sehr unschuldigen Blick auf Spiele. Er kennt weder Genres noch deren Konventionen, noch ist er übersättigt davon, Jahr für Jahr die immer gleichen Kernmechanismen vorgesetzt zu bekommen. Ein wenig erinnert er an Conan O’Brien in seiner Rolle als „Clueless Gamer“. Er stellt zu allem, das ihm in einem Spiel begegnet ganz grundlegend vernünftige Fragen: „Was soll das? Ist das überhaupt interessant? Ist das eine wertvolle Verwendung meiner Lebenszeit? Warum soll ich noch 35 Tannenzapfen und 15 Kieselsteine sammeln?“

„Are we literally pushing a car through a desert? Why is this a game?“

Was er dank seines nicht über Jahrzehnte an alle möglichen Eigenheiten des Mediums gewöhnten Verstandes gewinnt, büßt er allerdings an Kompetenz mehr als ein. Er ist nicht fähig, einen Titel einzuordnen und kann nicht sagen, ob Fortschritte gegenüber vergleichbaren Spielen erkennbar sind. Er muss sich das Faszinosum interaktiver Unterhaltung immer wieder von Grund auf neu erklären, baut keine konsistente Sprache auf und ist auch nicht in der Lage, tiefgreifendere Aussagen zu treffen, die über obige Grundfragen menschlichen Zeitvertreibs hinaus gehen.

Auch wenn der Blick durch die Brille der Ahnungslosigkeit von Zeit zu Zeit helfen kann, den Wald vor lauter Bäumen wieder zu entdecken, wird eine Diskussion mit dem Unwissenden in der Praxis deshalb nicht sonderlich weit oder tief führen. Das gilt nicht nur aus Sicht von Kritikern, Designern und sonstigen Experten, sondern auch schon für jeden interessierten Laien, der das Spielen zu seinen wichtigeren Hobbys zählen würde.

Objektivierung 2: Durchschnittliche Spielebildung

Schalten wir also einen Gang höher. Unser zweiter Richter ist der Durch­schnitts­gamer. Er hat eine mittelmäßige Allgemein­bildung, was Spiele angeht. Er kennt sich in allen Genres ein wenig aus, aber in keinem so sehr, dass er es nicht mehr sehen könnte. Es ist davon auszugehen, dass weite Teile der Spieleindustrie sich nach diesem Stereo­typen richten. Schließlich können anhand seines Profils Vorhersagen darüber getroffen werden, was einem Großteil der Spielerschaft gefallen könnte.

Allerdings zieht sich diese Bewertungsgrundlage mittlerweile auch durch die Riegen der Kritiker, die in vielen Fällen durchaus auf eine potenziell größere Expertise zugreifen könnten, sich aber immer öfter gezwungen sehen, zwecks Klickmaximierung der breiten Masse nach dem Mund zu schreiben. Die meisten Spielewertungen – insbesondere solche sehr großer Plattformen und Magazine – sind daher oft eher Vermutungen darüber, welche Spiele am Markt Erfolg haben könnten.

An dieser Stelle zeigen sich dann auch die Nachteile des Ansatzes. Zwar können wir mit unserem Durchschnittsspieler auf einem ordentlichen Niveau über Spielmechanik, den Markt und größere Trends in der Entwicklung des Mediums diskutieren. Allerdings wird er sich dabei eher konservativ geben und auf Nummer sicher gehen. Er will sich lieber wohl und zu Hause fühlen, als Neuland zu entdecken. Daher wird er in aller Regel eine gut gemachte Fortsetzung mit visuellen Schauwerten einem neuartigen Indie-Titel, in den er sich erst einarbeiten müsste, vorziehen.

Automobilpionier Henry Ford wird gerne folgendes Zitat zugeschrieben: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“ Das trifft die Geisteshaltung unseres Otto-Normal-Richters ziemlich gut. Doch was, wenn wir wirklich an Innovation und Fortschritt interessiert sind?

Objektivierung 3: Wissenschaft

Hier kommt die absolute Expertensicht ins Spiel, die natürlich nicht ohne weiteres von jedermann eingenommen werden kann. Schließlich kennt sich der entsprechende Richter auf seinem Gebiet bis ins kleinste Detail aus. Deshalb wird es auch verschiedene Spezialisten brauchen – ein jeder zuständig für seinen eigenen abgesteckten Bereich. Sie betrachten neue Spiele, die unter ihre Expertise fallen, wie wissenschaftliche Publikationen, wie Experimente, die eine These aufstellen und diese entweder durch ihr Funktionieren beweisen oder spezifische Probleme enthüllen, die sie widerlegen. Beides wird – kompetent durchgeführt – als wertvoller Beitrag angesehen.

Donald Knuth: „We should continually be striving to transform every art into a science: in the process, we advance the art.“

Mutlose AAA-Spiele hingegen sehen diese Richter als Werke an, die den aktuellen Forschungsstand bloß wiederkäuen und ihm nichts Neues hinzufügt – sprich als weitgehend wertlos. Statt über den potenziellen finanziellen Erfolg zu mutmaßen, sind sie vielmehr daran interessiert, was „wirklich funktioniert“ und das Medium dauerhaft voranbringt. Sie werden dabei große Teile des Publikums und der Mitdiskutanten verlieren, da sie ihrer Zeit in aller Regel voraus sind und Spielsysteme aus fremd wirkenden Perspektiven betrachten.

Doch – wie an reiferen Medien zu beobachten – wird die Kunstform nur durch den geschärften Blick einiger weniger Designer, Kritiker, Akademiker und tief involvierter Hobbyisten ihre Identität festigen und langfristig auf zukunftsfähige Beine gestellt werden können. Nur so wird es der Industrie möglich sein, verlässlich funktionierende Spiele zu produzieren und nicht bloß im Dunkeln von einem Zufallstreffer zum nächsten zu tappen wie bisher. Wo ein „Ich sehe das aber anders!“ nicht bloß ein „Das ist ja auch voll okay!“ nach sich zieht, sondern eine gründliche Prüfung des theoretischen Unterbaus der betreffenden Diskussion, wird letztlich über die Zukunft des Mediums entschieden.

Fazit: Am Anfang steht die Objektivierung

Je nach persönlicher Intention lassen sich nun unterschiedliche Hand­lungs­empfehlungen aus all diesen Überlegungen ableiten. Zunächst einmal sollte sich jeder potenziell Urteilende darüber im Klaren sein, ob überhaupt Interesse an einem ernsthaften, progressiven Diskurs und dessen Ergebnissen besteht. Sollte dem so sein, wird relativ schnell klar werden, dass unkoordiniertes Drauflos­meinen und persönlich-emotionales Wertschätzen nicht weit führen. Stattdessen muss eine objektivierte Diskussions­grund­lage durch die kollektive Annahme einer gemeinsamen (an sich durchaus subjektiven) Perspektive geschaffen werden. Dazu ist ein Ausgangspunkt auf dem Spektrum der „Game Literacy“ zu wählen.

Wie beschrieben wird der ahnungslose Spieler dabei auf lange Sicht kein brauchbares Modell abgeben. Bestenfalls lassen sich ihm von Zeit und Zeit einige pointierte Fragen und Denk­anstöße abringen. Mit dem Durch­schnitts­spieler lässt sich im nächsten Schritt schon halbwegs fruchtbar, wenn auch konservativ geprägt, diskutieren. Er eignet sich zudem hervorragend für die Zwecke der Marktforschung. Für selbige wird Experte „Dr. Ludo“ wiederum vergleichsweise wenig übrig haben, denn ihm geht es primär um den intellektuellen Fortschritt der Kunstform Spiel.

In der Praxis wird sich für die meisten Designer, Entwickler und Kritiker daraus eine Art „goldener Mittelweg“ zwischen den beiden letztgenannten Perspektiven ergeben. Dieser lässt sich je nach Präferenz einerseits eher in Richtung Popularität und finanziellem Erfolg (Objektivierung 2) oder andererseits mit Fokus auf Innovation und Forschung (Objektivierung 3) ausrichten sowie durch die gelegentliche Annahme der unbedarften Sichtweise (Objektivierung 1) verfeinern. Wichtig ist letztlich vor allem, sich innerhalb von Entwickler­studios, Redaktionen, auf Konferenzen und in sonstigen Diskussionsgruppen jeweils auf einen gemeinsamen Blickwinkel zu einigen, um sich selbst die produktive Verfolgung einer konsistenten Vision zu ermöglich.

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Persona 5 – eine interaktive Novelle japanischer Highschool-Schüler?

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Das japanische Rollenspiel »Persona 5« ist nun schon eine ganze Weile auf dem Markt (seit April 2017) und wird von vielen Seiten als „das beste Spiel 2017“ betitelt. Das wundert nicht, mussten die Fans doch 8 Jahre auf den Persona 4-Nachfolger warten und nahmen das Spiel mit hohen Erwartungen und großer Freude entgegen.

Als ich in der Oberstufe war, ging ich als Austauschschülerin ein Jahr nach Japan, lebte dort in einer Gastfamilie und besuchte die dortige Schule. Deswegen möchte ich, anstatt Story und Figuren zu erläutern, hiermit mal auf die Authentizität der Lebensdarstellung eingehen. Entspricht das Leben als japanischer Schüler dem Leben, das uns im Spiel gezeigt wird? Mit Ausnahme natürlich von der App, die uns in das Meta-verse befördert, wo wir gegen Verzerrte Verlangen (distorted desires) kämpfen.

Im Folgenden werde ich auf mehrere Aspekte des Spiels eingehen, sodass eventuell einige Sachen genannt werden, die als Spoiler angesehen werden könnten. Also Obacht!

Die Story des Spiels

Persona 5 ist ein klassisches JRPG, in dem man die Rolle des Highschool-Schülers „variabler Name“ einnimmt. Da man einer unbekannten Frau zu Hilfe eilt, die von einem einflussreichen Mann heftigst belästigt wird, kommt es zu einem kleinen Unfall. Der Mann stürzt und verletzt sich am Kopf, woraufhin wir angeklagt und verurteilt werden. Aus diesem Grund begeben wir uns in die Obhut eines entfernten Bekannten nach Tokio, wo wir auf Bewährung ein Jahr leben werden.

Das „simple“ Leben als Schüler in Japan

Unterricht ist nicht immer unbedingt spannend

Im Spiel selbst lebt man von Tag zu Tag sein gänzlich „normales“ Schülerleben. Nachdem man die Schule am Morgen besucht hat, hat man zwei Zeiten „nach der Schule“ (after school) und „am Abend“ um verschiedene Sachen zu erledigen. Jede Aktion verwendet den gesamten Timeslot, ob man nun Essen geht oder sich mit Freunden trifft. Samstags müssen wir auch zur Schule, was in Japan immer noch weit verbreitet ist. Sonntags ist theoretisch schulfrei, bekommen dennoch nur die zwei Zeitslots „Am Nachtmittag“ und „Am Abend“ zur Verfügung gestellt.

Ein genauerer Blick auf die Figur und das dementsprechende Schulleben zeigt uns einen mehr als authentischen Eindruck des Lebens eines Highschool-Schülers. Die sogenannte Oberschule geht in Japan drei Jahre und wird unterteilt in die Jahrgänge eins bis drei. Die Highschool ist quasi die deutsche Oberstufe auf der man einen ähnlichen Abschluss macht. Man fängt an, wenn man um die 16 ist und mit 18 Jahren haben die meisten dann ihren Abschluss in der Tasche.

Wir befinden uns in der zweiten Klasse des zweiten Jahrgangs, was daran zu erkennen ist, dass sich unser Klassenzimmer auf der »2. Etage« des Schulgebäudes befindet. In Japan zählt man das Erdgeschoss als »1. Etage«. Jeder Jahrgang hat einen eigenen Flur auf ihrer eigenen Etage. In meiner Schule gab es pro Jahrgang insgesamt 8 Klassen, die alle nebeneinander angeortnet sind, wie wir es auch in »Person 5« sehen können.

Freunde finden ist nicht immer leicht

Dass wir uns bereits im 2. Jahrgang befinden bringt einige Konsequenzen mit sich. Auf der einen Seite haben wir die Problematik der Klassendynamik. Da wir nicht neu eingeschult werden, haben wir es schwer Freunde zu finden, was natürlich auch daran liegt, dass unser Verbrecherruf uns vorauseilt. Es liegt aber vor allem auch daran, dass eigentlich alle gemeinsam neu an die Highschool kommen und sich jeder neu kennenlernen muss. Manche sind noch aus der Junior-Highschool-Zeit befreundet, gehen aber meistens nicht weiter in dieselbe Klasse. Deshalb hatten die Schüler*innen bereits ein Jahr lang Zeit, Beziehungen zueinander aufzubauen und Gruppen zu bilden. Wir sind da leider außen vor.

Als ich nach Japan ging, wurde ich mit allen Neulingen in den 1. Jahrgang gesteckt und fand dort schnell Anschluss. Ein paar Monate später kam ein Italiener an unsere Schule und wurde dem 2. Jahrgang zugeteilt. Es ergaben sich mehrere Probleme und er berichtete oft, dass seine Mitschüler*innen eher weniger mit ihm zu tun haben wollten.

Ryujis Auseinandersetzung mit seinem Track-Team

Zum Thema Freundschaften sei noch gesagt, dass sich die Schüler*innen weniger außerhalb ihrer eigenen Klasse bewegen. Die engsten Freundschaften werden im sogenannten bukatsu (die außerschulische Clubaktivität) gegründet. Im Falle von Persona 5 geht keiner der Akteure zum Club, nur Anns Freundin Shio, die eine wichtige Rolle im ersten Fall spielt, befindet sich im Volleyballteam, welches hohes Ansehen an der Schule genießt. Ryuji ist Teil des Track-Teams gewesen, bis er durch eine Verletzung am Bein nicht länger rennen konnte.
Bukatsu allgemein werden sehr sehr ernst genommen und viele Schüler*innen kommen bereits vor dem Unterricht zur Schule um zu trainieren. Ich war zu meiner Zeit in Japan in gleich drei Clubs, was eher ungewöhnlich ist, verfolgte diese aber mehr als Hobby.

Sobald der Unterricht vorbei ist

Da sich unsere Figuren in keinem Club befinden, haben wir schon um 16 Uhr Schule aus. Nach dem Unterricht ist es für alle Schüler*innen üblich, in Kleingruppen von bis zu 5 Leuten einen bestimmten Teil der Schule putzen müssen. Ich musste mit 3 anderen Mädels den letzten Flurabschnitt und die Treppen bis in die erste Etage säubern. Nach ein paar Monaten war ich fürs Fegen und Wischen des Klassenraums zuständig. Abhängig von dem Prestige der Schule kann es auch vorkommen, dass eine Reinigungsfirma beauftragt wird.

Da in der Bibliothek der Schule die Uhr 16:30 anzeigt, ist es wahrscheinlich, dass auch unsere Schüler*innen Putzdienst haben. Zudem haben wir am Nachmittag nur Zeit, weil wir zu keinem Club gehen. Ich für meinen Teil fand den bukatsu interessant und lehrreich, war dafür aber auch jeden Tag erst um knapp 21 Uhr zu Hause. Das Leben einer klassischen Schülerin eben.

Die Wichtigkeit der Schuluniform

Dass das Spiel einen so großen Wert auf die Darstellung der Schule investiert liegt auch daran, dass Schule in dem Alter einfach einen essentiell großen Teil des Lebens einnimmt. Das hängt auch eng mit der Schuluniform zusammen. Da man meist nicht direkt nach Hause fährt oder den Luxus besitzt nah an der Schule zu wohnen, verbringt man eigentlich 80% seines Schullebens in der Uniform. Ich musste in dieser zum Beispiel mit meiner Gastmama einkaufen oder auch Essen gehen. In größeren Städten verbieten viele Arcades den Eintritt in Schulsachen, da man keinen schlechten Eindruck erwecken möchte und Minderjährige wegen der Uniform auf den ersten Blick zu erkennen sind.

Was mir an Persona 5 ganz besonders gefallen hat ist, wie wahrheitsgetreu die Uniform getragen wird. Die Regeln unterscheiden sich zwar von Schule zu Schule, doch allgemein gilt, dass die Uniform gemäß der Schulordnung zu tragen sei. Das bedeutete an meiner Schule, dass der Rock das Knie zu berühren hat und die Männer ihre Jacke bis zum letzten Knopf zuzuknöpfen haben. Makoto trägt ihre Bluse dementsprechend, Ann folgt dieser Regel nicht. Zudem hat gerade Ann ihren Rock nach oben gekrempelt, damit er kürzer wird. Die anderen Schülerinnen meinten damals zu mir, dass das sexy und cool sei.

Die Figuren und ihr persönlicher Schuluniform-Style

Die verschiedenen Art und Weisen der Schuluniformen

Bei der Betrachtung von Ryuji fällt auf, dass er ein farbiges T-Shirt unter seiner Jacke trägt. Ein Vorurteil sagt, dass so etwas nur Problemschüler oder besonders aufmüpfige Jugendliche machen. Das trifft auf Ryuji zu. Viele Schulen stellen den Schüler*innen auch passende Cardigans, Schuhe, Taschen und Kniestrümpfe, wie es auch auf der Schule in »Persona 5« der Fall ist. Taschen und Socken sind mit dem Schullogo ausgestattet und somit Pflicht. Meine Schule hatte nur die Uniform selbst, alles andere konnte zur Individualisierung genutzt werden. So trugen viele Mädchen im Winter ganz bunte Pullover oder Cardigans über ihren Oberteilen. Wenn wir noch einmal einen Blick auf Makoto werfen fällt auf, dass sie keine Kniestrümpfe, sondern eine Leggings trägt. Meine Schule fand das zwar nicht gut, billigte sowas jedoch. Aber selbst im tiefsten Winter bei -10° war ich eine der wenigen, die von einer Strumpfhose Gebrauch machten.

Kleinigkeiten, die das Leben in Japan bereichern – Snacks

Gemeinsames Essen und Lernen in Persona 5
Jagariko von Calbee, einer der beliebtesten Snack für Schüler*innen

In Persona 5 haben die Entwickler auf so unglaublich viele Details geachtet, dass das Spielerlebnis für Japaner*innen und Leute mit Erfahrungen in Japan schlicht und ergreifend ein anderes ist. Das fängt bei Kleinigkeiten wie dem Essen von Süßem an. Es ist eine unausgesprochene Regel, dass zu einem Treffen jeder etwas mitbringt. Um richtig teilen zu können öffnen Japaner ihre Chipstüten der Länge nach, damit nicht jeder in die Tüte greifen muss. Passend dazu ist einer der beliebtesten Snacks jagariko von Calbee. Diese Chipsähnlichen Stangen werden überall verkauft und sind ein häufiger Snack bei Schülern, das können wir auch bei Yusuke beobachten, der bei jedem Meeting auf dem Dachboden eine Packung isst.

Convenience Stores

Convenience Stores sind einfach überall anzutreffen.

Etwas anderes, nicht zu ignorierendes, sind Convenience Stores (Kombini/Konbini). In Deutschland sind sie nicht anzutreffen und kommen originär aus den USA. Vorstellen kann man sich das wie einen Kiosk. Dort kann man alles kaufen, von Coffee-To-Go bis hin zu pornografischen Heften, sie sind 24h geöffnet, sind dafür aber auch teurer als ein regulärer Supermarkt. Es gibt mehrere verschiedene Ketten, die größten darunter sind Seven Eleven, Family Mart und Lawson. Persona 5 spielt mit ihrem eigenen Store, nämlich 777, auf eine dieser Ketten an. Gerade Schüler*innen und Student*innen arbeiten oft dort und auch unsere Figur kann sich dort einen Nebenjob ergattern.

Japaner und baden

Das Badehaus ist in Japan ein absolutes Muss

Ohne generalisieren zu wollen, aber… Japaner lieben es, zu baden und sie lieben Onsen, also heiße Quellen. Die meisten Haushalte haben eine große tiefe Badewanne, in der jeden Abend bei 38-42°C gebadet wird. Anders als bei uns wäscht man sich nicht in der Wanne, sondern säubert sich vorher, um im heißen Wasser nur zu sitzen, damit Körper und Geist entspannen. Wer es extravagant mag, kann in eine richtige heiße Quelle fahren oder ein öffentliches Badehaus nutzen. Ein solches befindet sich direkt gegenüber unseres Cafés in Persona 5. Vom Ventilator im Vorraum, bis zum Minihandtuch um die Hüften rum wurde es so liebevoll eingerichtet, dass ich direkt Fernweh bekam. Zu einem bestimmten Zeitpunkt fragen alle männlichen Mitglieder, ob man nicht zusammen baden gehen möchte. Als einzige Frau des Teams verneint Ann und geht nach Hause, obwohl Badehäuser traditionell geschlechtergetrennt sind. Da der Besuch im Onsen eine weit zurückreichende Tradition ist, ist es nicht sonderlich ungewöhnlich, dass die Freunde es gemeinsam aufsuchen.

Jidouhanbeiki – Der Getränkeautomat

Die klassischen jidouhanbeiki – Getränkeautomaten in Japan.

Etwas was mich zum lauten Lachen gebracht hat, ist die Vielzahl an den Getränkeautomaten. Sie sind in Japan überall anzutreffen und meist stehen die Automaten nicht alleine an einem Ort rum. Das Maximum, das ich einmal angetroffen habe, waren 12 Stück nebeneinander. Auch in der Schule von Persona 5 stehen um die 6 Stück. Zu jeder Gelegenheit werden an den Maschinen kleine Pausen eingelegt und es gibt sie einfach an den verrücktesten Orten. Im Spiel bekommt man sogar eine Trophäe, wenn man an jedem Automaten jedes Getränk gekauft hat. In der Realität werden an solchen Automaten nicht nur Getränke angeboten. Am Tokioter Flughafen gab es sogar einen, an dem man Bananen kaufen konnte. An sich bleiben sie eine beliebte Einkaufsmöglichkeit, da Getränke gekühlt sowie auch heiß angeboten werden. Und selbst oben auf dem Berg Fuji wie auch in den entlegensten Tempeln im Wald findet man immer eine jidouhanbeiki.

Hikikomori – The shut-in

(Vorsicht, hier wird über eine neue Figur gesprochen – eventueller Spoiler)

Was mich erstaunt hat ist, dass das Spiel eine gesellschaftliche Problematik anspricht und zwar die der Hikikomori. Die Figur von der ich spreche ist Futaba. Ohne weiter auf die Hintergründe eingehen zu wollen, Futaba verlässt weder das Haus noch das Zimmer. Hikikomori zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich vor der Realität buchstäblich wegsperren und auf die Gnädigkeit ihrer Familie angewiesen sind, die sie weiter mit Lebensmitteln versorgt.

Futabas Zimmer, eine Darstellung eines hikikomori

Diese meist jungen Menschen isolieren sich freiwillig und aktiv selbst. Gründe kann es viele geben, oft hat es mit dem Erwartungsdruck in der Gesellschaft zu tun, den sie nicht erfüllen können. Symptome kommen schleichend und fangen mit abnehmender Kommunikationsbereitschaft, dem Verlust von Freunden und zunehmender Unsicherheit an. Meist isolieren sich diese Menschen in einem einzigen Raum und verlassen diesen nicht mehr. Manche hikikomori sind in der Lage nachts ihr Zimmer zu verlassen, auch Futaba stößt bei einem Stromausfall nachts auf die Gruppe (im Flur ihres eigenen Hauses). In Japan sind Familien mit einem hikikomori-Mitglied immer noch stark stigmatisiert und auch in Persona 5 erzählt uns ihr Vormund nicht freiwillig von Futaba, zu allererst leugnet er ihre Existenz gänzlich.

Ich finde es gut und wichtig, dass sich die Entwickler dazu entschieden haben eine solche Figur einzuführen. Obwohl die Beweg- und Hintergründe von Futaba sich etwas von der Realität entfernen erreicht es doch die richtige Zielgruppe. Denn hikikomori verbringen ihre gesamte Zeit vor dem Fernseher oder dem Computer und gehören somit auch zu der großen Gruppe der Gamer.

Schlussendlich…

Zusammenfassend hat das Spiel bei mir einen sehr nostalgischen Nerv getroffen und ich habe angefangen, mich nach Japan zu sehnen. Die Entwickler haben sehr viel Wert aufs Detail gelegt, was jedoch nicht verwundert, da die Spielefirma eine japanische ist. Selbstredend sind die gezeigten Orte und Hangout-Spots tatsächlich in Tokio existierende Orte und auch das Schulleben ist absolut authentisch, haben doch die Entwickler dasselbe Schulsystem besucht. Gerade diese Details führen bei den japanischen Spielern vielleicht nicht unbedingt zu Freudensprüngen, bei mir bewirkte es jedoch genau solche. Eine Freundin schaute mir einmal beim Spielen zu und rief ganz aufgeregt, dass das doch der Meiji-Schrein sei, den wir beide besucht hatten. Minutenlang zählte sie Details des Schreins auf und erinnerte sich zurück an den Tag des Besuches. Und genau dieses Gefühl ist es, was Persona 5 für mich so außergewöhnlich macht.

Der Beitrag Persona 5 – eine interaktive Novelle japanischer Highschool-Schüler? erschien zuerst auf Zockwork Orange.





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